Über drei Jahre nach dem Überfall auf zwei Journalisten in Nordthüringen beginnt der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter. Beide gelten als Rechtsextreme. Die Erwartungen an das Verfahren sind hoch.

Erfurt/Mühlhausen – Mehr als drei Jahre ist es her, dass zwei Journalisten im thüringischen Eichsfeld bei der Recherche attackiert und schwer verletzt wurden. Am Dienstag beginnt vor dem Landgericht Mühlhausen der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter – beide gelten als Rechtsextremisten. Und erneut steht die Thüringer Justiz wegen ihres Umgang mit rechtsextremistischen Straftätern in der Kritik. Der zeitliche Abstand zwischen der Tat und dem Prozessbeginn macht etwa den Geschäftsführer des Deutschen Journalistenverbandes in dem Bundesland, Sebastian Scholz, fassungslos. «Das ist nicht nur eine Tortur für die betroffenen Kollegen», sagt Scholz. Mutmaßliche Straftäter könnten auch noch meinen, «dass politisch motivierte Übergriffe für sie folgenlos bleiben».

Ausgangspunkt für das Verfahren ist der Überfall auf zwei Journalisten, die im April 2018 in Fretterode in der Nähe des Grundstücks des bekannten Rechtsextremen Thorsten Heise zu Recherchezwecken fotografiert hatten. Heise ist unter anderem stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD. Während die beiden Männer dort recherchierten, wurden sie nach den bisherigen Erkenntnissen der Ermittler angegriffen. Sie sollen zunächst mit ihrem Auto geflüchtet, dann aber von den Angreifern eingeholt worden sein. Einer der Journalisten wurde den Erkenntnissen nach unter anderem mit einem Schraubenschlüssel schwer am Kopf verletzt. Sein Kollege erlitt durch den Angriff eine Stichwunde am Oberschenkel.

Die Linke-Innenpolitikerin Katharina König-Preuss sagt, die Angreifer hätten bei ihrem Übergriff auf die beiden Journalisten deren Tod billigend in Kauf genommen. Auch für sie ist es unverständlich, dass ihnen erst jetzt der Prozess gemacht wird. Zumal der Thüringer Justiz in den vergangenen Monaten im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren – zu einem Neonazi-Überfall auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt – immer wieder vorgeworfen wurde, sie betreibe die Strafverfolgung bei rechtsmotivierten Tätern nicht mit dem nötigen Nachdruck. Vertreter von Staatsanwaltschaften und Gerichten haben diese Kritik stets empört zurückgewiesen.

Die beiden Angeklagten müssen sich nun wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung und wegen Raubes verantworten. Während des Übergriffs sollen die Angreifer auch eine Kamera samt der dazugehörigen Ausrüstung erbeutet haben. Für den Prozess sind bislang elf Verhandlungstage angesetzt.

Dass der Prozessbeginn mehrfach verschoben werden musste, liegt nach Angaben des Landgerichts an der Corona-Pandemie. So hatte das Gericht zuletzt im Februar mitgeteilt, das hohe Medien- und Zuschauerinteresse an dem Prozess werde eine solche Vielzahl von Lüftungspausen nötig machen, dass dies «eine stringente Verhandlungsführung nicht mehr zulassen» würde.